Politik

Nicht erfüllt

Regierung und Verwaltung ersticken im Mikromanagement. Der Blick für das Wesentliche geht verloren. Vor lauter Bäumen sieht der Bundesrat den Wald nicht mehr.

Dies gelesen: «Mächtige Kommission erteilt Bundesrat schlechte Noten in Sachen Ukraine.» (Quelle: www.tagesanzeiger.ch, 21.4.2022)

Das gedacht: In einem vertraulichen Brief kritisiert die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments die Vorbereitung des Bundesrates auf die Ukraine-Krise. Fazit: Nicht erfüllt. Dazu zwei Bemerkungen:

Erstens. Wie gewohnt landet in Bundesbern ein vertrauliches Papier in den Redaktionsstuben eines grossen Verlagsunternehmens. Es scheint, dass in den Teppichetagen von Bundesverwaltung und Regierung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Zauberformel und Konkordanz liegen auf der Intensivstation.

Zweitens. Einmal mehr bestätigt sich die fehlende Vorbereitung der Landesregierung auf die wirklich existentiellen Herausforderungen unseres Landes. Reagiert wird kurzfristig, auf äusseren Druck hin, ohne erkennbare Strategie. So etwa in der Energieversorgung, beim Bankgeheimnis, während der Pandemie oder in der Frage der Neutralität.

An fehlendem Personal kann es dabei nicht liegen. Die Zahl der Staatsangestellten in Bundesbern wächst und wächst. Bundesrat Berset hat seit seinem Amtsantritt den Personalbestand in seinem Departement um 24 Prozent aufgestockt. Heute arbeiten in der Bundesverwaltung insgesamt 40’000 Staatsangestellte. Diese erklären uns pausenlos, wie die Welt funktioniert. Alles wird reguliert, kontrolliert, sanktioniert. Angetrieben von einem Parlament und von Interessengruppen, die auf jeden scheinbaren Missstand mit der Forderung nach neuen staatlichen Massnahmen reagieren.

In diesem bürokratischen Overkill liegt der Hund begraben. Die linke Hand weiss schon längst nicht mehr, was die rechte tut. Ein Bundesamt bekämpft den übermässigen Zuckerkonsum, das andere Bundesamt fordert mehr Subventionen für den Zuckerrübenanbau. Für das Einkassieren der Mehrwertsteuer braucht es ein kompliziertes Gesetz und eine noch kompliziertere Verordnung. Und trotzdem bleibt es ein Rätsel, weshalb Malbücher für Kinder mit einem anderen Mehrwertsteuersatz abgerechnet werden als Malbücher für Erwachsene. Noch irrsinniger das Lebensmittelgesetz. Der Vollzug benötigt 27 Verordnungen mit einem Umfang von über 2000 Seiten. Ein Monsterwerk, das selbst Spezialisten überfordert.

Regierung und Verwaltung ersticken im Mikromanagement. Der Blick für das Wesentliche geht verloren. Vor lauter Bäumen sieht der Bundesrat den Wald nicht mehr. Auf der Strecke bleibt alles, was von grundlegender Bedeutung ist und keine unmittelbare politische Rendite verspricht. Dies mit unübersehbaren Folgen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wir stolpern von einer Panikreaktion in die nächste.

Der Industrielle und Autopionier Henry Ford meinte einst, dass die Hälfte der Ausgaben für die Werbung hinausgeworfenes Geld sei. Nur wisse man nicht, welche Hälfte. Vergleichbares gilt für den bürokratischen Overkill. Auf die Hälfte der Vorschriften könnte man ohne Nachteile für unseren Alltag verzichten. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich allerdings Frage, welche Hälfte dies ist.

Um diese Frage zu beantworten, gibt es eine einfache Lösung. Diese führt über Budgetkürzungen. Wenn das Geld knapp wird, lernt man, zwischen Notwendigem und Wünschbarem zu unterscheiden. Eine Lektion, die fast jede Familie und jedes kleinere und mittlere Unternehmen schon längst begriffen hat. Allerdings, auch in diesem Zusammenhang gilt, dass im Grunde genommen alles sehr einfach, aber das Einfache schwierig ist. Ganz besonders dann, wenn es um den Speckgürtel von Politik und Verwaltung geht.

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