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Süsses Gift

Die zu Recht ausbezahlten Corona-Härtefallentschädigungen zeigten Wirkung. Nicht nur in der Erfolgsrechnung der betroffenen Betriebe. Auf der Strecke blieben auch die unternehmerische Initiative und die Bereitschaft zum politischen Engagement.

Mitte April präsentierte die St.Galler Regierung eine Zwischenbilanz zur Auszahlung der Corona-Hilfen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man mehr als 82 Millionen Franken ausgeschüttet. Zusätzlich wurden Nachzahlungen von weiteren 11 Millionen Franken in Aussicht gestellt.

Ein wichtiger Teil dieser Härtefallentschädigungen ging an die Gastronomie. Und dies zu Recht. Restaurant-, Bar- und Clubbetreiber waren in besonderem Masse von den zum Teil willkürlichen Corona-Massnahmen betroffen. Über Monate galt für sie praktisch ein Arbeitsverbot.

Mit den Corona-Hilfen für die Gastronomie hatten Bund und Kantone die richtigen Konsequenzen aus dem ersten Lockdown gezogen. Es kann nicht sein, dass die Behörden einer Branche aus welchen Gründen auch immer den Stecker ziehen und diese anschliessend im Stich lassen.

Gelernt aber haben auch die Gastronomen selbst. Im ersten Lockdown entwickelten sie zahllose unternehmerische Ideen, um mit neuen Takeaway-Konzepten wenigstens ein wenig Umsatz zu erzielen. Da gab es kreative Ideen, es wurde improvisiert und experimentiert.

Gleichzeitig setzten sich die Gastroverbände und viele Wirtinnen und Wirte lautstark für ihre Interessen ein. Man ging auf die Strasse, demonstrierte, bewaffnet mit Pfannendeckeln, Töpfen und Kochlöffeln. Für Gewerbetreibende ein mehr als ungewöhnliches Engagement.

Von all diesen Aktivitäten war im zweiten Lockdown kaum mehr etwas zu spüren. Die Aussicht auf Härtefallentschädigung zeigte Wirkung. Die Basis verstummte. Nur noch vereinzelt gab es öffentlichen Widerstand gegen die staatlichen Massnahmen. Vergleichbares gilt für die meisten unternehmerischen Initiativen des ersten Lockdowns. Die Selbsthilfe verkümmerte. Finanziell einigermassen abgesichert legte man die Hände in den Schoss. Zudem wollte kaum jemand mit mühsam erarbeiteten Einnahmen aus Ersatzangeboten die Kürzung der Corona-Entschädigungen riskieren. So die Auskunft eines befreundeten Wirtes.

Noch einmal: Die öffentliche Hand hat die Gastronomie zu Recht finanziell unterstützt. Nicht zu übersehen ist aber, wie sehr im zweiten Lockdown die öffentlichen Gelder das Verhalten der einzelnen Gastronomen veränderten. Auf der Strecke blieben die Bereitschaft zum politischen Engagement und die unternehmerische Initiative.

In der Zwischenzeit hat mit der schrittweisen Lockerung die Realität die Gastronomie eingeholt. Man befindet sich wieder im gewohnt knallharten Wettbewerb. Das Geld kommt nicht mehr vom Staat, sondern von zufriedenen Kunden. Was zählt, sind überdurchschnittliche Leistungen und Kreativität.

Anders sieht es bei all jenen Branchen aus, für die staatliche Beihilfen ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells sind. Beispielsweise die Landwirtschaft, die Sportverbände, die öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen oder zunehmend auch die privaten Medien. Entscheidend für deren wirtschaftlichen Erfolg sind nicht Innovation und Kundenorientierung, sondern das politische Powerplay, die Nähe zur Regierung und zur Verwaltung. Und dies mit unübersehbaren Konsequenzen. Das süsse Gift der Subventionen macht träge, betoniert ineffiziente Strukturen, schafft eine Anspruchsmentalität. Und ist teuer. Am Schluss wird nicht der Staat, sondern werden die Steuerzahler und die Konsumentinnen zur Kasse gebeten. Dies ganz im Sinne von Milton Friedman: «There is no such thing as a free lunch.»

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