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Begleitorchester

Für die Mächtigen ist eine wohlwollende mediale Berichterstattung das Salz in der politischen Suppe. Ganz besonders in einer ausserordentlichen Lage. Geschenke erhalten dabei die Freundschaft.

Anfangs April des vergangenen Jahres erhöhte der Bundesrat den Anteil der SRG an den Radio- und Fernsehgebühren um satte 50 Millionen Franken. Gleichzeitig stellte er ein Medienpaket zur Unterstützung privater Medien in Aussicht. Und dies unabhängig der Herausforderungen der Corona-Pandemie. Notmassnahmen, so Medienministerin Sommaruga, seien «nicht das richtige» Mittel, um die strukturellen Probleme der Verlagshäuser zu lösen.

Vier Wochen später war dies alles Schnee von gestern. Als Antwort auf Motionen aus dem Parlament präsentierte der Bundesrat ein Corona-Notpaket für private Medienunternehmen: 30 Millionen Franken für Radio- und TV-Veranstalter, 12,5 Millionen Franken für die indirekte Presseförderung, 10 Millionen Franken für die Nachrichtenagentur sowie 5 Millionen Franken für grössere Tages- und Wochenzeitungen. Die Sender der CH-Medien, zu der auch TVO und Radio FM1 gehören, erhielten in der Summe 6,94 Millionen Franken.

Nun war es in der Tat so, dass mit dem Ausbruch der Pandemie die Werbeeinnahmen der privaten Verlagshäuser einbrachen. Allein im April 2020 verzeichneten Printmedien einen Rückgang des Werbeumsatzes von 43 Prozent. Nur, damit waren sie nicht alleine. Weit härter traf es all diejenigen Unternehmen in der Gastronomie, im Einzelhandel, bei den persönlichen Dienstleistungen und der Kultur, deren Türen kurzerhand zugesperrt wurden. Einnahmen: Null. Rückgang: 100 Prozent.

Dazu kommt, dass die meisten privaten Radio- und Fernsehsender zu grossen und finanzstarken Medienkonzernen gehören. Von finanzieller Not konnte keine Rede sein. Im Gegensatz zu vielen Kleinunternehmen, denen das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals stand.

Anders als bei den Medienkonzernen sah der Bundesrat jedoch bei der gewerblichen Wirtschaft keinen Anlass zu operativer Hektik. Im Gegenteil. Gastronomen und Einzelhändler warteten noch Monate auf Härtefallentschädigungen. Erst der zweite Lockdown brachte ein Umdenken.

Und dies in Verbindung mit zahlreichen Auflagen. Die Auszahlung der Härtefallentschädigungen wurde an klare Bedingungen geknüpft. Dazu gehörte das Ausfüllen eines umfangreichen Fragekatalogs mit Angaben zu den Antragsgründen, dem Jahresumsatz in den vergangenen drei Jahren, zur finanziellen Situation, den getroffenen Massnahmen zur Sicherung von Liquidität und Kapitalbasis sowie mit einem Finanzplan für die kommenden drei Jahre. Unterlagen, die bei vielen Kleinunternehmen den Beizug eines externen Spezialisten erforderten.

Im Gegensatz dazu sprudelten die Gelder des Medien-Notpakets ohne Wenn und Aber. Den grossen Medienkonzernen fielen die Millionen einfach so in den Schoss. Als eine Art vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Anders als die gewerbliche Wirtschaft musst kein Verlagshaus seine finanziellen Verhältnisse offenlegen oder gar einen Businessplan präsentieren. Sie wurden einzig verpflichtet, für das Geschäftsjahr 2020 auf das Ausschütten von Dividenden zu verzichten. Damit hatte es sich. Wenn zwei das Gleiche tun, so ist es noch lange nicht dasselbe.

Nun kann man mir entgegenhalten, dass ich einmal mehr Äpfel mit Birnen vergleiche. Hier die für unsere Demokratie unverzichtbaren privaten Medienkonzerne mit ihren hochqualifizierten Journalistinnen und Journalisten und wohlhabenden Aktionären. Dort die rund 500’000 Beschäftigten in der Gastronomie und im Einzelhandel. Vielfach mit einem bescheidenen Einkommen, in der Regel ohne einen akademischen Hintergrund und aus Sicht der gnädigen Damen und Herren von Bundesbern ohne jede Systemrelevanz.

So wenigstens die offizielle Leseart. In Tat und Wahrheit geht es um etwas ganz anderes. Für die Mächtigen ist eine wohlwollende mediale Berichterstattung das Salz in der politischen Suppe. Ganz besonders in einer ausserordentlichen Lage. Wer mit Notverordnungen regiert, ist auf bedingungslose Gefolgschaft angewiesen. Das Gebot der Stunde heisst Gleichschaltung. Nicht zuletzt in der veröffentlichten Meinung. Vergleichbar mit der geistigen Landesverteidigung in den Kriegs- und Krisenjahren des vergangenen Jahrhunderts. Geschenke erhalten dabei die Freundschaft.

Eine Rechnung, die für den Bundesrat aufgegangen ist. Das kurzfristig aus dem bundesrätlichen Ärmel geschüttelte Notpaket für die privaten Verleger zeigte die erhoffte Wirkung. Die grossen Medienhäuser präsentierten sich ausnahmslos als wohlwollendes Begleitorchester der bundesrätlichen Corona-Politik. Ohne jeden Misston. Bundesräte und Chefbeamte wurden als Retter der Nation gefeiert, selbst die widersprüchlichsten Massnahmen beklatscht.

Dabei geht eine entscheidende Sache vergessen. Kritische Medien, die sogenannte vierte Gewalt, braucht es insbesondere dann, wenn die Spielregeln der Demokratie ausser Kraft gesetzt werden. Allerdings setzt dies kritische Distanz voraus. Diese Unabhängigkeit fehlt, wenn man von der Gunst der Politik abhängig ist. Kein Journalist beisst die Hand, die ihn füttert.

Bekanntlich kommt der Appetit mit dem Essen. Dies gilt auch für Subventionsjäger. Im vergangenen Frühjahr verabschiedete das Parlament ein Medienförderungsgesetz, das in den kommenden Jahren private Verlagshäuser mit hunderten von Millionen Franken subventionieren will. Unabhängig von einer Notlage. Einfach so. Dagegen läuft das Referendum. Die direkte Demokratie funktioniert. Entgegen allen Unkenrufen aus Bundesbern. Und entgegen der Berichterstattung in den subventionsgetriebenen Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen.

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